- Preis
- 22,38
- Setnummer
- 100459
- Steineanzahl
- 379
- Erscheinungsjahr
- 2020
Die kleine Überraschung
Nach all den großen Löschfahrzeugen stelle ich diesmal einen neuen Fahrzeugtyp vor: Das Tragkraftspritzenfahrzeug. Bluebrixx hat sich genauer gesagt ein TSF-W, also ein Tragkraftspritzenfahrzeug mit Wasser(-tank), als Vorlage genommen. Bei uns in der Wehr ist so ein Fahrzeug nicht stationiert, allerdings führen unsere Nachbargemeinden solche in den Einsatz. Und wenn man sich schon gedanklich darauf eingestellt hat, bei einem Diorama nicht nur die eigene Wehr, sondern vielleicht noch ein, zwei Unterstützungsfahrzeuge mit aufzustellen... ging die Kaufentscheidung recht schnell.
Auch hier wieder: Wer mehr zum technischen Hintergund des Originals wissen möchte, findet dies im Spoiler. Ansonsten gehts schnurstracks zum Review.
Den Typ des Tragkraftspritzenfahrzeugs kann man als kleinstes eigenmotorisiertes Löschfahrzeug bezeichnen, was in Deutschland genormt ist. Kleinere Ausstattungen sind dann höchstens noch die Feuerwehranhänger, die von beliebigen Fahrzeugen gezogen werden können (meistens dann von Traktoren oder Mannschaftstransportfahrzeugen (Sprinter-Büschen), denn die größte Verbreitung von Tragkraftspritzenanhängern ist der ländliche Raum).
Die Version ohne eigenen Wassertank ist zwar damit bei Brandeinsätzen darauf angewiesen, dass schnell eine Wasserversorgung aufgebaut wird, allerdings ist diese auch leichter und kann für ein 3,5t-Fahrgestell ausgelegt werden. Das wiederum hat den Vorteil, dass man mit einem gängigen PKW-Führerschein das Fahrzeug führen darf. Die "größere" Version mit Wassertank (mind. 500 Liter) liegt meist auf einem Fahrgestell für 7,5t, womit dann bereits mind. eine Führerscheinerlaubnis für die Klasse C1 benötigt wird.
Die unterschiedlichen Anforderungen an die Fahrerlaubnis sind ein kleines Generationenproblem innerhalb der Feuerwehr. Vor den Änderungen der Fahrerlaubnisklassen gab es die Klasse III, den quasi jeder hatte und bereits gestattete, Fahrzeuge bis 7,5t zu führen. Dies ist nun nicht mehr so, weswegen es gerade in kleineren Wehren zu Engpässen bei berechtigten Personen kam, die die Fahrzeuge noch fahren durften. Dem versucht man unterschiedlich zu begegnen: Zum einen wurde mittlerweile ein sogenannter "Feuerwehrführerschein" eingeführt, der eine Fahrberechtigung von Einsatzfahrzeugen bis zu einem zulässigem Gesamtgewicht von 7,5t erteilt. Dazu ist zwar immer noch eine theoretische und praktische Ausbildung notwendig, diese hat aber einen deutlich geringeren Umfang, als die Prüfung zu C1. Zum anderen gehen manche Gemeinden hin und bezuschussen ausgewählten Personen den Erwerb der notwendigen Fahrerlaubnisklasse. Bei uns z.B. nach Möglichkeit direkt bis einschließlich CE, da wir im Zweifelsfall auch eine Anhängeleiter am LKW mitführen.
Doch zurück zu den TSF-W. Die Fahrzeuge an sich bieten also weniger Platz, um Material zu verlasten. Deswegen ist es zunächst ihre Hauptaufgabe, genug Einsatzmittel zur Brandbekämpfung mitzuführen. Aufgrund der kleineren Größe, ist auch die Anzahl der Mitfahrenden geringer. So nehmen in einem TSF nur bis zu 6 Personen Platz. Als taktische Einheit wird dies in der Feuerwehr als Staffel bezeichnet. Die Besonderheit beim TSF liegt nun darin, dass es trotzdem genug Löschmaterial mitführt, um eine Gruppe versorgen zu können. Das hat den Hintergrund, dass ein TSF im Normalfall nicht alleine operieren wird, sondern eigentlich stets ein Begleitfahrzeug mitfährt. In diesem würden dann die restlichen Personen sitzen, welche dann zusammen mit der Staffel wieder eine Gruppe bilden würden (9 Personen).
Wie der Name schon sagt, gehört zu Beladung dann zwingend eine sogenannte Tragkraftspritze, also eine mobile Pumpe, die nicht fest auf dem Fahrzeug verbaut ist. Im Falle eines TSF-W ist dann auch ein Wassertank vorhanden sowie entweder eine Schnellangriffseinrichtung (formstabiler Schlauch auf Haspel) oder eine sogenannte "Vorrichtung zur schnellen Wasserabgabe", d.h. ein bereits im Fach in Buchten gelegter "normaler" Druckschlauch (ok, den korrekten Wortlaut musste ich selber googeln, bei uns läuft das alles allgemein unter dem Begriff Schnellangriff). In dem Fall existiert dann natürlich keine weitere Fahrzeugpumpe, sondern die Tragkraftspritze ist im verlasteten Zustand fest mit dem Tank und dem Schnellangriff gekuppelt. Bei Bedarf kann sie aber trotzden entkuppelt und entladen werden.
Zur weiteren Beladung gehören dann natürlich noch Schläuche, Strahlrohre, Standrohr usw. sowie allgemeines Werkzeug. Bei einem TSF-W existiert aufgrund des größeren Fahrgestells meist noch ein "Puffer", um neben dem Material zur Brandbekämpfung noch im kleinen Umfang spezifischere Ausrüstung mitzuführen. Z.B. ein Stromaggregat mit Beleuchtungsmitteln oder in besonderen Fällen sogar einen hydraulischen Rettungssatz, also Hydraulikaggregat, Schere und Spreizer. Außerdem gehört zur Beladung auch eine Vierteilige Steckleiter auf dem Dach.
TLDR: Halten wir also fest, dass ich hier ein Fahrzeug mit einer relativ kleinen Mannschaftskabine erwarte, welches eine Tragkraftspritze mit sich führt und generell Material zur Brandbekämpfung zumindest andeutet. Da es sich um ein TSF-W handeln soll, müsste auch eine wie auch immer geartete Zusatzbeladung vorhanden sein. Auf dem Dach ist eine Leiter zu verlasten.
Fun-Fact am Rande: Persönlich bin ich es gewohnt, dass ein TSF meistens aussieht, wie ein besonders klobiger Sprinter. Es gibt aber auch welche auf MAN-Fahrgestellen, die dann eher wie ein zu kurz geratener LKW aussehen. Neuere Designs errinern mich da schon fast an einen besonders ulkigen Wohnwagen. Ich bin schon ganz froh, dass der Designer sich eher an ein gängiges Modell gewagt hat.
Außenansicht
Anhand der Produktbezeichnung müsste es sich beim Original um einen Iveco Daily 65 C 17 handeln. Markant bei dem ist diese Iveco-typische Sprinterschnauze.
Diese hat der Designer auch so gut es geht eingefangen. Sogar die weiß lackierten Rückspiegel sind vorhanden. Die größte Abweichung ist die Lage der Blaulichter und der Martinshörner, welche eigentlich weiter vorne montiert sind. Aufgrund der verwendeten Bausteine war das in diesem Maßstab nicht möglich. Dafür wurde zumindest versucht, die leichte Wölbung an der Fensterunterseite an den Vordertüren mit darzustellen. Der Standardkotflügel an der Vorderachse passt sogar diesmal ganz gut zum Modell. Bei den Rollläden zu den Geräteräumen ist im Modell theoretisch einer zuviel vorhanden. Im Original werden eher nur zwei Rolläden verbaut. Allerdings ist einer davon fast doppelt so breit, wie der andere, womit es im Modell im Verhältnis schon fast wieder passt. Trotzdem erscheint das Modell etwas zu lang, bzw. passt das Verhältnis der Größe der Mannschaftskabine zu dem der Geräteräume nicht ganz. Ansonsten ist die Seitengestaltung gut gelungen. Sogar an den verlängerten Rollladen wurde gedacht und der selber gestaltete Kotflügel gibt das Original gut wieder. Die Klappen können leider nicht wie im Original geöffnet werden, da sie komplett aus Bricks und Slopes bestehen. Der hintere Rolllladen wurde diesmal selbst gebaut, um die Funktion der Entladung der Tragkraftspritze umsetzen zu können. Auf dem Dach kann aufgrund der Kürze des Modells nicht auf die Standardleiter zurückgegriffen werden. Als Ersatz wird die Leiter aus einem Zaunteil und der klassischen Leiter gebildet. Warum diese Teile allerdings schwarz sind, erschließt sich mir nicht. Mir ist bisher noch keine schwarz lackierte Leiter in der Feuerwehr untergekommen. Der Großteil besteht aus Aluminium und hat geriffelte rote Tritte zum besseren Halt, weswegen eine Ausführung in Light Bluish Grey realistischer gewesen wäre.
Innenansicht
Im ersten Geräteraum auf der Fahrerseite trifft man auf die erste positive Überraschung des Modells: Ein entnehmbares Stromaggregat! Über die Darstellung lässt sich streiten, aber es ist schön, dass mal abseits der Standards, die sich der Designer bei den größeren Fahrzeugen angewöhnt hat, was "neues" gewagt wird.
Im mittleren Fach findet man dann die üblichen PA-Flaschen in Pearlgold. Diesmal sogar, wie in der Realität, nur paarweise. An der Seite wird mit gestapelten Round Plates etwas angedeutet, was ich aufgrund der entstehenden Riffelung als Saugrohre identifizieren würde, wobei diese Lagerung etwas ungewöhnlich wäre, da sie normalerweise liegend verlastet sind.
Im letzten Geräteraum auf der Fahrerseite ist etwas Rätselraten angebracht. Vielleicht sollen hier verschiedene Werkzeuge angedeutet werden, da für eine klassische Werkzeugkiste kein Platz mehr war.
Im Heck ist dann die zweite positive Überraschung gelagert: Eine ausziehbare Tragkraftspritze. Vom Design finde ich sie mal gar nicht so schlecht, da die typische Form von Kundigen sofort erkannt wird. Trotzdem fehlen noch wesentliche Details, wie der mittige Pumpeneingang. Die Griffe der Lichtschwerter sollen wohl zumindest die seitlichen Pumpenabgänge andeuten.
Wer eine realitätsnähere Umsetzung sehen möchte, kann sich dazu mal meinen MOC anschauen: klick
Im letzten Geräteraum auf der Beifahrerseite befindet sich dann wieder die Motorsäge als Vertreterin für das schwere Werkzeug. Wofür die schwarzen runden Fliesen stehen, kann ich nicht sagen. Wären die bereits erwähnten Round Plates nicht vorhanden, hätte ich gesagt, dass hiermit die Saugschläuche (zumindest ihre Enden) angedeutet werden. Der Ort der Lagerung würde sogar Sinn ergeben.
Im mitlleren Fach dann die Schnellanfriffseinrichtung.
Darf natürlich auch auf keinem Feuerwehrfahrzeug fehlen: Die klassische Feuerwehraxt im ersten Geräteraum auf der Beifahrerseite.
In der Fahrerkabine kann eine Minifigur Platz nehmen.
Fazit
Ein kleines, aber feines Modell. Das Original-Design wurde mit leichten Schwächen in diesem Maßstab gut wiedergegeben. Seitens der Beladung leistet sich das Modell keine großen Schnitzer, sondern überrascht im Gegenteil mit manchem Schmankerl, dass ich mir bereits bei den größeren Modellen gewünscht hätte. Größtes Ärgernis ist die markante schwarze Leiter auf dem Dach. Wieso hier so stark vom Gängigen abgewichen wurde, kann ich mir höchstens dadurch erklären, dass der Lieferant von Bluebrixx die Teile nicht in Light Bluish Grey vorhält.
Die Steinequalität war gut genug, um ein stabiles Modell zu bauen. Beim Rot gibt es leider wieder die üblichen Farbabweichungen, unter anderem an der Klappe gut erkennbar. Die Fliesen, die den Rollladen am Heck bilden, weisen so große Fertigungstoleranzen auf, dass keine ebene Fläche gebildet wird. Die Windschutzscheibe hat Microkratzer und die Seitenscheiben deutliche Gusspunkte, die man vielleicht noch als Fenstergriffe umdeuten kann. Die Räder sitzen so locker, dass sie zwar nicht abfallen, aber leicht eiern. Das führt bei der Vorderachse dazu, dass die Räder leicht an den Kotflügel schaben. Das Fahrzeug kann bei mir trotzdem eingermaßen flüssig fahren.
Das Modell an sich ist stabil gebaut und man kann es eigentlich bedenkenlos an jeder Stelle anfassen und anheben (Beim abnehmbaren Dach muss man etwas vorsichtiger sein). Aufgrund der Konstruktion, dass der hintere Aufbau von der Fahrerkabine getrennt aufgesetzt wird und quasi nur auf vier Jumper Plates klemmt, ist das Fahrzeug gegen schwere Schüttelbewegungen anfällig.