- Preis
- 19,99
- Setnummer
- 102544
- Steineanzahl
- 362
- Erscheinungsjahr
- 2020
Nostalgie gewürzt mit Wermutstropfen
Auch dieses kleine Modell steht schon seit einiger Zeit bei mir rum und da es bereits ein Video-Review dazu gibt, stand es auf meiner Prio nicht so weit oben. Trotzdem würde ich gerne noch etwas dazu schreiben und wie bereits bei meinen Reviews zu den aktuellen Fahrzeugtypen, ein paar Details zum Original zum Besten geben.
"Feuerwehr Bus mit Pumpe", was soll das denn sein? Eine offizielle Bezeichnung natürlich nicht. Das Modell stellt ein Tragkraftspritzenfahrzeug (TSF) der 50er/60er dar und war für viele Wehren im Land das erste motorisierte Fahrzeug überhaupt.
Auch heutzutage gibt es den Fahrzeugtyp noch als Norm und stellt für viele kleinere Wehren das Rückgrat dar. Die Hauptaufgabe ist die Beförderung einer sogenannten Tragkraftspritze (TS). Das ist eine mobile Pumpe, die nicht fest am Fahrzeug befestigt ist und von vier Personen getragen werden kann (bzw. muss). Zusätzlich befördert das Fahrzeug das notwendige Schlauchmaterial und weiteres Werkzeug. Es stellte für viele Wehren am Anfang eine große Verbesserung dar, da bei den meisten vorher nur ein Tragkraftspritzenanhänger (TSA) vorhanden war, der von einem Traktor gezogen werden musste, der auch nicht immer direkt zur Verfügung stand.
Die meisten TSF der damaligen Zeit sind von der Ausstattung nicht mehr vergleichbar mit ihren Namensvettern von heute. Nicht nur die Norm, auch die Leistungsfähigkeit der Fahrzeuge hat sich verändert. Nach heutigem Standard bietet ein TSF Platz für eine Staffel (6 Personen) und Ausrüstung für eine Gruppe. Gerade in den Anfangsjahren waren die Fahrzeuge aber gerade mal groß genug, um 3-4 Personen zu transportieren und neben der TS war gerade noch Platz genug für Schlauchmaterial und das wichtigste Werkzeug. Je nach Aufbau konnte ein TSF auch eine zweiteilige Steckleiter mitführen und für mehr Material zu verlasten, konnte ein weiterer Anhänger vorhanden sein.
Außenansicht
Die Basis für das Modell ist sehr wahrscheinlich ein VW T1 "Bulli" womit sich die Ära für das Fahrzeug auf die 50er eingrenzen lässt. TSF der 60er und 70er hatten dann schon eher einen Ford Transit (z.B. FK 1000) als Grundlage. Der Anhänger passt mit seinem Aussehen auch in diese Zeit, allerdings nicht zu diesem Fahrzeug. Der Grund: Im Fahrzeug selber ist bereits die TS eingebaut. Der dargestellte Anhänger ist aber von außen ein TSA (die geschlossene Bauweise ist typisch dafür), womit er eigentlich ebenfalls eine Pumpe transportiere müsste. Im Modell wird hier stattdessen Werkzeug dargestellt, das passt aber nicht wirklich. Hier ist mal schön dargestellt, was so alles in einem TSA verlastet werden kann und auch hier lässt sich das gut erahnen.
Wie ein TSF mit Anhänger damals eher aussah, kann man hier nachsehen. Da, wie bereits erwähnt, die Pumpe im Fahrzeug ist, dient der Anhänger als Transportplatz für anderes Material. Dann aber meist nicht im geschlossenen Aufbau.
Abseits von diesem Logikbruch ist die Gestaltung des Modells ansonsten gut gelungen. Zumindest ist für diesen Maßstab die typische Bulli-Front erkennbar. Weniger gut gelungen ist die Gestaltung der Türen an der Seite. Diese werden jeweils aus einer 1x3x2 Door und einer 1x3x1 Door gebildet, was eher unschön ist. Es hat keinerlei Bezug zum Original. Wie schon im Video-Review erwähnt, würde es von Lego eigentlich auch passende Teile als 1x3x3 Door geben. Warum es also hier nicht verwendet wurde, erschließt sich mir ebenfalls nicht, da ein solches Teil bereits im HLF20 von Bluebrixx verwendet wird und der Lieferant von denen das also eigentlich liefern können müsste.
Auch wird eigentlich viel Boden verschwendet, um Klappen darzustellen, die es im Oroginal auch nicht gab. Ich kann ja nachvollziehen, wenn man Kompromisse für die Stabilität eingeht und den Boden mit einer dicken 1x1 Brick-Schicht belegt - gerade dann, wenn der Unterboden aus vielen Inverted Slopes zusammgefummelt wird - aber dann sollte man auch Wert auf ein entsprechendes Äußeres legen. Die sonstigen Rillen und Luftschlitze lassen sisch so auch im Original zumindest ähnlich wiederfinden.
Innenansicht
Viel Beladung ist leider nicht umgesetzt worden bei diesem Modell. Kein Vergleich zur Detailverliebtheit bei den modernen Fahrzeugen. Dabei hätte es hierzu durchaus Möglichkeiten gegeben, im Innenraum zumindest Äxte und Schlauchregale anzudeuten. Die seitliche Entnahme der TS ist korrekt dargestellt. Die hier dargestellte Version mit dem T1 basiert übrigens wohl auf einem der ersten TSF, denn hinten ist kein Platz für eine weitere Person, womit hier höchstens 2-3 Personen vorne Platz fanden. Historisch also in Ordnung und war auch damals bereits sehr unpraktisch (wie gesagt: eine TS schleppt man mit vier Personen und nur künftige Rheuma-Patienten mit zwei. Gut, dass meine Minifigs ein stabiles Rückgrat aus Hartplastik haben ).
Das Modell der TS finde ich nicht gelungen. Es gibt einige Bauformen aus dieser Zeit, aber keine davon ähnelt der hier gezeigten, weswegen sich die Feuerwehrleute wundern, was da vor ihnen steht. Zumindest ist der typische halbrunde rote Kübel angedeutet. Auch die Lampe sitzt einigermaßen korrekt. Misslungen ist aber die Darstellung der Pumpenanschlüsse. Gerade mal einen kann ich erkennen und der sitzt total falsch. Was die Rundung mit der Blume darstellen soll, kann ich nur raten. Vielleicht soll das der Tank sein. Der würde beim Original allerdings nicht an der Seite, sondern oben und weiter hinten liegen.
Wie schon geschrieben, ist die Beladung des Anhängers an sich nicht ganz verkehrt, aber auch nicht vollständig. Außerdem weiß ich nicht, wofür die gelben Strahlrohre stehen sollen. Mir fehlt da der Vergleich. Im Original wären bei diesem Anhängertyp übrigens an der Seite weitere Klappen, um von dort Werkzeug entnehmen zu können. Die hintere Klappe beherbergte die TS.
Minifiguren können übrigens nicht im Fahrzeug Platz nehmen. Zum einen reicht der Platz nicht aus und zum anderen müsste man das halbe Dach abreißen.
Mängel
Bei diesem Modell gibt es ein paar kritische Stellen, die man mal erwähnt haben sollte. Das Video-Review hat ja bereits schon den vielen Platz im Inneren bemängelt, der einfach nicht genutzt wird. Ich kann natürlich verstehen, dass man bei einem Vitrinenmodell als Hersteller an den Dingen spart, die man später eh nicht mehr sieht. Somit sehe ich die Fliesenumsetzung hier unter dem Aspekt weniger kritisch. Allerdings hätte ich mir schon gewünscht, dass das Modell mehr Details liefert. Den Innenraum hätte man auch präsentieren können, wenn man das Dach abnehmbar gestaltet hätte. Vielleicht würde das aber wieder in dem Maßstab zu klobig aussehen - womit eigentlich festzustellen wäre, dass der Maßstab nicht passt, um das Original detailliert genug (für meine Ansprüche ) umzusetzen.
Der nächste Mangel ist die Bautechnik an der Pumpe. Neben dem schlechten Design ist die Befestigung der Tile, Round 1 x 1 with Bar and Pin Holder grenzwertig, da sie nicht vollständig in die Klemme gesteckt werden kann und nur gerade so sitzt. Klar, ein Standmodell wird wahrscheinlich nicht oft bewegt, sieht aber trotzdem eher unschön aus.
Die Klappen am Anhänger halten nur an einem Scharnier, womit dieses sich leicht unter dem Gewicht der Klappe biegt. Geht (es ist nicht so schlimm, wie beim Rettungswagen), aber Vorsicht bei der Bedienung.
Gravierender ist die Deichsel des Anhängers. Die Klemmkraft der betroffenen Steine ist bei mir gerade so ausreichend, um von sich aus zu halten. Bei unachtsamer Bewegung reißt die Deichsel aber ab.
Ansonsten habe ich diesmal ein Meer von unterschiedlichen Rot-Tönen in den Steinen:
Fazit
Besonders schlecht finde ich das Design an sich nicht. Es gibt ein paar Logiklücken, die habe ich dem Designer aber schon bei anderen Modellen verziehen. Schwerwiegender ist diesmal die mangelnde Teilequalität. Größtenteils ist diese ausreichend, um ein stabiles Modell zu bauen. Aber insbesondere ist das Dach eine reine Fummelarbeit mit den ganzen Slopes - und dann sieht es nicht einmal wegen der vielen Spalten und der Farbungleichheit schön aus!
Der Bau an sich fand ich interessant und es hat mir schon ein paar Ideen geliefert, wie ich meine eigene Umsetzung eines alten Ford Transit angehe (das war nämlich in unserer Wehr das erste Fahrzeug ). Aber bei der Steinequalität hat sich Bluebrixx hier einen unschönen Klopper geleistet.